Anlässlich
des heutigen Welt-Aids-Tages wurde mir bewusst, wie wenig ich mich in den
vergangenen Jahren mit diesem Thema beschäftigt habe. Für mich durchaus
ungewöhnlich, denn HIV/AIDS hat mich jahrelang intensiv begleitet. Aus keinem spektakulär dramatischen persönlichen Grund. Ich las mit 12 Jahren ein Buch über eine Mutter die sich nach der Geburt durch eine Bluttransfusion mit dem Virus ansteckte und von da an war mein Interesse geweckt. Außerdem gab es eine kurze Zeit in den 90ern in der das Thema brandakutell war. Nicht zueletzt wegen dem Film "Philadelphia". Ich hielt in den verschiedenen Schulen (ja mit Umzug und Schulwechsel kann man von verschiedenen Schulen sprechen) Referate über das Thema, informierte mich regelmäßig über das Gesundheitsamt und über die BZgA und hatte dennoch erst durch meinen Beruf den ersten mir bekannten Kontakt mit einer erkrankten Person. Im Altenheim einen Menschen im mittleren Alter, geistig völlig klar und nur körperlich so eingeschränkt, dass eine Versorgung daheim nicht mehr gewährleistet war, zu begegnen, fühlte sich sehr seltsam an. Danach wurde ich schwanger und seither hatte ich mich nicht weiter mit diesem Thema befasst.
Die Wissenslücke der letzten Jahre wollte ich nun entgültig schließen. Und es hat
sich wirklich einiges getan! So viel, dass ich es nicht nur für mich festhalten
möchte, sondern vielleicht auch für die eine oder den anderen, der hier
mitliest.
Positiv zusammen leben - gegen Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung von HIV-Positiven!
Spreche ich
über HIV und AIDS, ist es interessant, die Reaktionen zu sehen. Einerseits höre
ich: „Üble Sache - aber heutzutage kein Weltuntergang mehr!“ und zeitgleich
sehe ich, wie Schultern gestrafft werden, der Abstand zu mir ein bisschen,
jedoch deutlich spürbar, größer wird und etwas in der Luft hängt, bis man dem
Gegenüber versichert, man habe es ja nicht, man wolle nur darüber reden.
Traurig,
aber wahr. Denn so wie es das BZgA in ihren Werbekampangen propagiert, ist es
tatsächlich: Mit HIV kann man leben. Sehr gut sogar. Mit
Diskriminierung und Ausgrenzung nicht. Und das ist in den letzten 30 Jahren
zum tatsächlichen Thema geworden, wenn man von HIV und AIDS spricht. Nicht die
Ansteckung. Das hat man in den letzten 30 Jahren gut in die Köpfe bekommen, wie
man sich vor Ansteckung schützt. Das man sich jedoch nicht vor betroffenen
Personen schützen muss, das scheint bei den meisten ein zu großer Widerspruch
zu sein. Dabei ist die Angst vor erkrankten Menschen ebenso unbegründet wie
haltlos.
Warum? Weil
es ein ziemlicher Akt ist, sich im alltäglichen Leben mit HIV anzustecken. So
einfach ist das.
Sicher?
Sicher! Schaut mal.
Um sich mit
HIV anzustecken, benötigt es eine gewisse Virenkonzentration. Beim Küssen
beispielsweise ist die Virenanzahl im Speichel so gering, dass eine Ansteckung
nicht möglich ist. Selbst bei Verletzungen in der Mundhöhle oder des
Zahnfleisches kommen nicht ausreichend Viren zusammen, um sich beim anderen
heimisch zu fühlen. Verrückt, was? Ist aber tatsächlich so. Beim Küssen steckt
man sich unter Umständen mit vielem an, wie z. B. Schmetterlingen im Bauch oder
einer hässlichen Grippe, aber nicht mit HIV! Mit Ausrufezeichen!
Und was ist
mit Wunden? Blut zu Blutkontakt, heißt es doch immer?
Auch hier
sind die meisten Sorgen unbegründet. In oberflächlichen Wunden, mit denen man
es für gewöhnlich im Alltag auch nicht permanent zu tun hat, ist die
Konzentration ebenfalls sehr gering. Sich beim Sport bei einer Verletzung mit
einem erkrankten Spieler anzustecken ist auszuschließen. Selbst bei blutigen
Sportarten wie Boxen oder American Football ist kein Fall bekannt, bei dem es
zu einer Ansteckung kam. Generell zum Thema Sport ist der kurze Artikel hier
lesenswert: HIV und Sport
Über die
Konzentration in Schweiß sollte man gar nicht erst sprechen müssen, aber auch
hier betone ich das gern nochmals – zu wenige Viren – keine Ansteckungsgefahr.
Es gibt, wie
eigentlich die meisten wissen, nur drei Möglichkeiten sich mit HIV anzustecken.
- ungeschützten
Geschlechtsverkehr mit einer erkrankten Person
- Nadelstichverletzungen
- Geburt und stillen
Letzteres
ist in Deutschland sehr selten. Erkrankte Frauen entbinden per Kaiserschnitt,
um Verletzungen bei der Geburt und somit Kontakt mit infiziertem Serum zu
vermeiden. Die Muttermilch wiederum wird durch Industriemilchnahrung ersetzt.
(Das klingt leichter als es ist, wenn ich da an mein Mutterherz denke).
Kinder
erkranken in Deutschland nur noch sehr, sehr selten. Und wenn dem so ist, ist
falsche Vorsicht wirklich fehl am Platz. Ausgrenzung und Diskriminierung trifft
hier diejenigen, die am wenigsten etwas dafür können, geschweige denn jene, die
sich wehren können. Es sei hier noch einmal gesagt – es ist so schwer, sich mit
HIV zu infizieren. Spielen, Rangeln und auch Raufen stellen keine echte Gefahr
dar. Natürlich ist man als Elternteil besorgt, aber man hat nur Angst vor den
Dingen, die man nicht kennt. Lernt man sie kennen, verliert sich die Angst von
ganz alleine.
Im Bereich
der Medizin hat sich für mich am meisten getan. Nach meinem letzten Wissenstand
gab es zwar gute Medikamente, die HIV in Schach hielten, deren Nebenwirkungen
jedoch nicht unbedingt zu einer besseren Lebensqualität beitrugen.
Heute ist
das anders. Die Medikamente sind verträglicher. So gehen Mediziner davon aus,
dass man bei frühzeitig erkannter Ansteckung und lebenslanger Einnahme der
Medikamente mit HIV sehr wohl alt werden
kann, ohne dass es zu einem Ausbruch von AIDS kommt. Der Haken an der
Geschichte ist jedoch der, dass man nicht weiß, wie sich die lebenslange
Einnahme der Medikamente auf den Körper auswirken wird. Dass es das
Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt, weiß man. Wie es sich nach 30 oder 40
Jahren auf Leber und Nieren auswirkt, wird man erst wissen, wenn es die ersten
Patienten gibt, die diese Medikamente so lange einnehmen.
Was mich
tatsächlich fasziniert, ist die Tatsache, dass man bei rechtzeitiger Therapie
durch die heutigen Medikamente die Virenzahl so eindämmen kann, dass man rein
theoretisch nicht mehr als infektiös gilt. Noch ein Grund, warum die Angst vor
HIV-Positiven unnötig ist, vor allem wenn sich diese in Behandlung befinden.
Und wenn man
sich, aus welchen Gründen auch immer, doch sehr sicher mit HIV angesteckt haben
könnte, besteht die Möglichkeit, direkt nach Ansteckung eine Therapie zu
beginnen, die eine Übertragung verhindern kann (Postexpositionsprophylaxe). Quasi eine (bzw.
viele) Pille(n)-Danach gegen HIV. Das Wort „direkt“ ist hier wörtlich zu
nehmen. Binnen 24 Stunden sollten die Maßnahmen eingeleitet werden, um eine
Ansteckung erfolgreich zu verhindern. Je weniger Zeit dazwischen liegt, desto
besser.
Nichts desto
trotz ist HIV ein tödliches Virus. Das sollte man bei all dem Fortschritt nicht
vergessen. Es gibt kein Heilmittel, das aus einem HIV positiv ein HIV negativ
macht. Auch wenn die Virenanzahl in Schach gehalten werden und das Immunsystem
sich somit gut erholen kann – es ist ohne lebenslange Medikation nicht möglich,
diese Erkrankung zu überleben. Die Einnahme der Medikation ist hierbei nichts,
was man launenhaft betreiben sollte. Nimmt man die Medikamente nicht regelmäßig
ein, so besteht große Gefahr, dass das HI-Virus Resistenzen bildet, womit
spätere Medikation nicht mehr greift.
Und um
überhaupt mit HIV leben zu können, ist eine frühzeitige Diagnose nötig. Wer
erst nach 10 Jahren erkennt, dass er HIV positiv ist, dem kann auch die Hilfe
der heutigen Medizin zu spät kommen.
Täglich
sterben weltweit 6000 Menschen an AIDS. In Deutschland sind es jährlich um die
500 Menschen. Das klingt, deutschlandweit gesehen, überschaubar. Ist es auch.
Soll es auch bleiben. Aber es soll auch erkrankten Mitmenschen möglich sein,
sich nicht ein Leben lang verstecken zu müssen. Denn nur wenn man offen dafür
ist, was unsere Mitmenschen bewegt, kann man Prävention gewährleisten.
Abschließend
noch ein paar Adressen in Bamberg. Zum Testen. Zum Fragen.
Kostenlos
und anonym kann man sich beim Gesundheitsamt Bamberg testen und beraten
lassen. Termine kann man bei
Frau Anita Wunder
23 -
Gesundheitswesen
Ludwigstraße 25
96052 Bamberg
vereinbaren.
Kostenpflichtig
führt jeder Hausarzt einen HIV-Test durch.
Wer es
dennoch möglichst anonym möchte und schnellere Antwort braucht als der reguläre
Test des Gesundheitsamtes es einem bietet, der kann sich im Labor testen
lassen:
Labor
Bamberg
Heinrichstraße
1
96047
Bamberg
Telefon: 0951 86990
Für schnelle
und unkomplizierte Beratung geht man am besten zu Herrn Huber der
AIDS-Beratungsstelle
in der
Willy-Lessing-Straße
16
96047
Bamberg
Telefon:
0951/2 79 98
Fax:
0951/2080570
Herr Huber
veranstaltet nicht nur Informationsreihen, er nimmt sich auch spontan, ganz
ohne vorherigen Telefonat oder Termin, für verwirrte Wesen wie mich, samt
Kleinkind, Zeit, um mir all meine Fragen zu beantworten. Dafür danke ich an
dieser Stelle noch einmal recht herzlich.
Ich wünsche mir, dass bei dem Thema HIV / AIDS noch viel passiert. Vorallem echte Toleranz und Solidarität!
Sei ein Teil des Ganzen!